Auch die Menschen brauchen seelische Unterstützung

Von Stefan, 4 Oktober, 2021

Ich schreibe euch etwas was mir heute passiert ist. Lest es einfach und kommentiert es nicht. Es ist etwas was man nicht erfährt wenn man nicht direkt damit in Kontakt kommt.


Heute kam eine Frau an meiner Baustelle vorbei und fragte ob es mir gut geht. Sie wußte nicht das ich als Helfer da war, sie nahm an ich wäre ein Betroffener. Wir unterhielten uns eine Weile und in dem Gespräch erzählte sie mir das sie zum Helfen ins Ahrtal kam. Für eine Woche im Urlaub. Das war vor 5 Wochen, sie blieb. Sie lernte einen Mann kennen der alles verloren hatte und in den Trümmern seines Lebenswerk saß und nicht wusste wo er überhaupt anfangen soll. Er räumte den Müll aus dem Haus und tat was alle taten, er funktionierte irgendwie. Für den übernächsten Tag hatte sie sich mit anderen Helfern verabredet das sie bei diesem Mann den Schlamm aus der Bude holen. Sie kamen zu spät, er hatte sich am Vorabend das Leben genommen. Man hatte seine Tochter gefunden bei Aufräumarbeiten.


Diese Frau hat es sich zur Aufgabe gemacht Leute aufzusuchen und zu schauen ob alles in Ordnung ist oder ob jemand Beistand benötigt. Sie meinte zu mir, die Menschen kommen nicht von alleine aber wenn man sie fragt bekommt man Einblicke in Geschichten die einen Menschen brechen können. Sie umarmte mich zum Abschied und wünschte mir alles Gute und dankte im Namen der Bewohner hier. Dieser Dank geht auch an Euch, hat sie extra betont.


Eine anderer Bericht aus der Flutnacht kam von dem Installateur an den ich mich rangehängt habe.

Sein Haus steht direkt am Fluss. Zuerst stieg das Wasser, nicht ungewöhnlich. Sicherheitshalber mal alles vom Boden nach oben auf die Tische stellen und so. Innerhalb von einer halben Stunde stand das Erdgeschoss unter Wasser der Strom war weg und es war stockduster. Der Lärm den das Wasser machte, die Bäume, die Wohnwagen und die Autos die an seinem Haus vorbei trieben das kann man sich nicht vorstellen. Als das Wasser auch im  zweiten Stock war hatten sie nur noch Todesangst, richtige Todesangst. Er, seine Frau und seine Töchter saßen im Dachgeschoss und waren absolut hilflos. Sie hatten das Dachfenster offen für den Fall das sie aufs Dach flüchten müssen. Die Nachbarn saßen schon teilweise drauf, was man durch die Handylampen sah. Und dann schwamm ein ganzes Haus vorbei wie ein Spielzeug. Die Bewohner haben dies nicht überlebt.

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