Gefühlswaschmaschine

Von Stefan, 11 Oktober, 2021

Einen guten Abend in die Runde.

Heute war wieder ein ereignisreicher Tag, wie eigentlich jeder. Es vergeht kein Tag wo dir hier jemand seine Geschichte erzählen möchte und dir die wirklich wahrhafte Dankbarkeit, für das was wir hier tun, zeigt. Und den meisten muss man auch nicht erzählen das hinter den meisten Helfern hier ganz viele Unterstützer, für diese Sache sind, die diese Hilfe überhaupt erst möglich machen.

Gestern stand ich vor der Tür vom Reinhold, ein älterer Mann der wie die meisten bis unters Dach geflutet wurde. Ich kannte ihn nicht, das heißt ich wusste nicht das es der Mann ist der mit mir fast jeden Tag im Versorgungszelt ein nettes Wort gewechselt hat. Ich wusste nur die Adresse von einem schlimm betroffenen, wo ich mal vorbeischauen soll.

Was hat der sich gefreut als er mich an der Tür begrüßt hat. Unglaublich und völlig überraschend für mich. Und dann liefen ihm die Tränen unter der Brille hervor als er mir zeigen musste warum ich hier bin. Nun ja, auch in seinem Haus ein Bild der Verwüstung. Gerade erst hat er den Verlust seiner Mutter verkraftet da kam die Diagnose Krebs gefolgt von einer längeren Behandlung und der Reha nun war er gerade wieder halbwegs fit und alles schien besser zu werden und dann kam die Ahr und zerstörte alles was sie sich aufgebaut hatten. Seine Schwester, zwei Häuser links die Straße runter, Schwiegermutter (eine sehr betagte Dame) Haus auf der anderen Straßenseite. Tochter drei Häuser hinter seinem auf dem Berg. Dort war das Erdgeschoß nur noch ca. 180cm betroffen. Sein Sohn zwei Straßen weiter hat sein Haus ganz verloren, das ist schon abgerissen worden.

Nun machten wir uns dran den Weg festzulegen wie wir, bzw. ich jetzt vorgehen werden. Dann stand plötzlich sein Schwiegersohn in der Tür und wir kamen ins Gespräch ich musste mir dann sein Haus auch mal anschauen. Uns verbindet eine gemeinsame Geschichte wie sich später herausstellte, darum hatten wir wohl auch sofort einen super Draht zueinander. Dazu beim nächsten Post dann mehr.

Ab 19 Uhr war ich dann wieder am Helferzelt beschäftigt um die Wassergeschichte dort weiter zu machen. Ich war total gut drauf und wegen der Begegnung irgendwie voll geflasht und glücklich. Plötzlich stand eine alte Omi hinter mir und weinte bitterlich. Ich wusste gar nicht wie mir geschieht und wie ich darauf reagieren soll. Sie hatte von mir gehört und hatte mich gesucht. Später hab ich erfahren das sie schon ca. eine Stunde nach mir suchte. Sie fragte ob ich ihr bitte bitte helfen kann ihr Mann ist schon 86 und kann das nicht mehr und sie hat auch die Kraft nicht. Der Sohn bemüht sich seid Wochen und kommt alleine nicht weiter. Ein Heizungsbaukollege, der nur am Wochenende Zeit hat um ins Ahrtal zu kommen. Ich werde Fr. oder Sa. einen Anruf bekommen von ihr wenn sie wieder vor Ort sind und dann versuche ich ihr zu helfen. Das machte ihr wieder Mut und dann erzählte sie mir das sie bald Goldene Hochzeit haben und sie nicht feiern möchte und damit brach dann die Verzweiflung völlig aus ihr raus. Was für ein Drama und damit muss man irgendwie umgehen und der Oma helfen, aber wie. Ich habe sie in den Arm genommen und versucht zu trösten, dann kam ein Mann dazu der sie kannte und begleitete sie nach Hause, aber auch sie bedankte sich dafür das ich da bin und das ich ihr meine Nr. gegeben habe. Ich habe oft schon gehört das es hier eine Gefühlswaschmaschine ist, und ganz ehrlich das ist es ohne Übertreibung.

Seid alle herzlich gegrüßt und nehmt die Dankbarkeit von hier für euch an. Die ist wirklich aus ganzem Herzen so gemeint von den Leuten hier.

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